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Immunsystem, Stoffwechsel & Wundheilung

Bessere Heilungs- und Therapiechancen durch gezielte Stärkung des Immunsystems

Wenn von einem starken Immunsystem die Rede ist, geschieht das häufig in Verbindung mit der Vermeidung von viralen oder bakteriellen Infektionen der Atemwege. Die Immunabwehr ist jedoch auch bei der Heilung von Erkrankungen der Muskulatur sowie der Knochen und der Gelenke von großer Bedeutung. Bei fast allen Beschwerden in diesem Bereich laufen zahlreiche vom Immunsystem regulierte Prozesse zusammen. Entsprechend groß ist der Einfluss, den sie auf den Krankheitsverlauf und die Genesung haben. Aus Sicht der Physiotherapie stellt sich die Frage, mit welchen konkreten Maßnahmen man den Patienten eine verbesserte Heilung durch Stärkung der Immunabwehr ermöglichen kann.

In diesem Beitrag widmen wir uns zunächst grundsätzlichen Aspekten zum Aufbau und den Aufgaben des Immunsystems, um dann zu zeigen, wie Regenerations- und Heilungskräfte mit Bezug auf die Physiotherapie verbessert werden können. Die gute Nachricht vorab: Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die jeder Mensch – nahezu unabhängig von Alter und körperlichen Voraussetzungen – ergreifen kann, um sein individuelles Immunsystem zu stärken und damit auch die Heilung und Regeneration von Erkrankungen der Knochen, Muskeln und Gelenke zu beschleunigen. Dies wird auch immer stärker innerhalb der medizinischen Forschung erkannt und entsprechend gewürdigt. Für die Physiotherapie ergeben sich damit sehr gute Möglichkeiten, den Verlauf einer Therapie zu verbessern. (1) (2)

Was ist das Immunsystem?

Obgleich das Immunsystem im Alltag, Medien und Werbung häufig erwähnt wird, ist oft nicht klar, was es genau ist und woraus es besteht. Tatsächlich sind die Abläufe sehr vielschichtig, denn das Immunsystem ist neben dem Nerven- und Hormonsystem das komplexeste System des menschlichen Körpers. Es ist aber durchaus möglich, sich die Grundlagen zu vergegenwärtigen und zu verstehen, wie die menschliche Immunabwehr grundsätzlich funktioniert und gestärkt werden kann. Allgemein gilt: Der Mensch und praktisch alle Organismen sind den Einflüssen der Umwelt ausgesetzt und ständig damit beschäftigt, Erreger abzuwehren sowie Zellen zu reparieren und zu erneuern. Das Immunsystem hat u. a. die Aufgabe, Stoffe, mit denen der Körper in Kontakt kommt, zu prüfen und ggf. zu bekämpfen, wenn von Ihnen eine Gefahr für den Organismus ausgeht. Außerdem ist es an der Heilung und Reparatur von Verletzungen maßgeblich beteiligt, indem es Entzündungsprozesse anstößt, die zur Heilung der Schäden notwendig sind. Wichtig ist, sich außerdem klar zu machen: Das Immunsystem befindet sich nicht – wie z. B. die Organe an einem bestimmten und festgelegten Ort im Körper. Wie der Begriff „System“ bereits anzeigt, arbeiten bei der Immunabwehr unterschiedliche Komponenten und Organe zusammen. Das Ergebnis dieses komplexen und vielschichtigen Zusammenspiels fassen wir unter dem Begriff “Immunsystem” zusammen. Die wichtigsten Komponenten sind Mandeln und Thymusdrüse, Milz, Leber, das Lymphsystem und das Knochenmark. Aber auch der Darm, die Haut und Schleimhäute, Gewebe und das Blut gehören zum Immunsystem. Bereits hieraus wird klar, dass eine “Stärkung des Immunsystems” immer eine ganzheitliche Maßnahme darstellen muss. (3)

Die beiden Haupt-Komponenten des Immunsystems

Die ersten Schutzbarrieren des Immunsystems befinden sich dort, wo der Körper mit Erregern erstmals in Kontakt kommt. Auf der Haut, den Schleimhäuten und Flimmerhärchen von Nase und Luftröhre, dem Magen und dem Darm laufen bereits zahlreiche immunologisch relevante Prozesse ab. An diesen Kontaktstellen zur Außenwelt versucht der Körper so gut es geht, Krankheitserreger fernzuhalten oder abzuwehren. Aber nicht alle schädlichen Stoffe können von diesen Barrieren abgehalten werden. Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, werden zunächst das unspezifische und dann das spezifische Immunsystem aktiviert. Das unspezifische oder angeborene Immunsystem besteht (grob vereinfacht) aus weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die im Knochenmark gebildet werden. Die sogenannten Phagozyten (Granulozyten und Makrophagen) sind hier besonders wichtig. Wenn fremde Organismen in den Körper eindringen, z. B. durch eine Verletzung, werden sie von den Phagozyten gefressen und verdaut. Dies ist die erste allgemeine Reaktion des Körpers auf unerwünschte Eindringlinge. In diesem Stadium steht bereits fest, ob es zu einer signifikanten Erkrankung kommen wird oder nicht. Das Verhalten des unspezifischen Immunsystems ist angeboren und genetisch festgelegt. Der Vorteil dieses angeborenen Schutzes ist seine schnelle Reaktionsfähigkeit. Die Wirksamkeit ist jedoch begrenzt, und es gelingt nicht immer, alle Krankheitserreger zu beseitigen.

Mit zunehmendem Alter nimmt die Aktivität des angeborenen Immunsystems zudem ab. Glücklicherweise verfügt der Organismus über eine weitere Abwehrebene: Das spezifische Immunsystem, das sich im Laufe des Lebens entwickelt. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung und Spezialisierung des angeborenen Immunsystems. Sie besteht insbesondere aus einer bestimmten Gruppe von weißen Blutkörperchen, den Lymphozyten. Lymphozyten haben die Fähigkeit, sich Eindringlinge einzuprägen. Sie lernen, welche Krankheitserreger bereits im Körper waren und können sie bei erneutem Kontakt schneller und besser bekämpfen. Bei einigen Krankheiten (z. B. Masern) funktioniert das so gut, dass, wenn man einmal daran erkrankt war, ein Leben lang immun dagegen bleibt. Der Körper impft sich praktisch selbst. Vorbeugende Impfstoffe beruhen auf einem ähnlichen Prinzip. In diesem Fall kommt das Immunsystem gezielt mit geringen Mengen der Erreger in Kontakt und kann Antikörper gegen sie bilden. Wenn es das nächste Mal mit dem Erreger in Kontakt kommt, kann es ihn besser abwehren. (4)

Die Rolle des Immunsystems bei Erkrankungen und Verletzungen

Die Komponenten des Immunsystems, die wir hier in sehr vereinfachter Form dargestellt haben, arbeiten zusammen und ergänzen sich gegenseitig. Alle Organe, die zum Immunsystem gehören, müssen entsprechend möglichst gut arbeiten und funktionieren, um das System am Laufen zu halten. Nährstoffe sind der notwendige Treibstoff für alle Abläufe.
Die Leistungsfähigkeit des Immunsystems und seine Nährstoffversorgung entscheiden entsprechend darüber, ob wir gesund bleiben oder krank werden und wie gut und schnell wir eine Erkrankung bewältigen. Umgekehrt führen (chronische) Krankheiten, Operationen oder andere körperliche Beeinträchtigungen oft dazu, dass das Immunsystem geschwächt wird. Auch in diesen Fällen sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Immunabwehr getroffen werden. So lässt sich oft vermeiden, dass die Patienten in eine Kaskade aus Erkrankung, Schwächung und erneuter Erkrankung geraten. Für viele Menschen beginnt die bewusste Auseinandersetzung mit dem Immunsystem erst dann, wenn sie krank werden. Besser ist es jedoch, sich im gesunden Zustand zu fragen, wie man den Körper stärken kann, um gar nicht erst krank zu werden. Wie bei jedem komplexen System kommen auch hier verschiedene Einflussfaktoren ins Spiel, die wir nun aufzeigen werden. (5)

Regelmäßige Bewegung stärkt und trainiert das Immunsystem

Viele Abläufe im Organismus beruhen auf Anpassungen an Reize und Herausforderungen. Bekanntes Beispiel: Der Muskelaufbau. Die physiologischen Vorgänge im Körper beim Aufbau von Muskelmasse beruhen grundsätzlich auf dem Prinzip: Aufbau durch Stimulation. Unser Immunsystem ist zwar weitaus komplexer aufgebaut als das muskuläre System, es stellt sich aber immer deutlicher heraus, dass auch hier Stimulation dazu führt, dass abwehrstärkende Strukturen aufgebaut werden. Die physiotherapeutisch angeleitete Bewegung dient deshalb nicht nur der Stärkung und Regeneration von Muskeln, Bändern und Gelenken – sie trägt auch dazu bei, die Immunabwehr zu fördern und damit den Heilungsprozess zu verbessern.
Der Hintergrund: Bewegung ist für das Immunsystem von zentraler Bedeutung. Die körperliche Stimulation führt dazu, dass immunologische Abläufe verbessert und beschleunigt werden und der Körper entsprechend besser bei der Heilung arbeiten kann.

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Wichtig ist, den Patienten zu vermitteln, dass bereits kleine, aber regelmäßige “Trainingseinheiten” viel bringen können. Das kann bereits ein Spaziergang oder Hausarbeit sein. Besonders günstig wirken nach dem derzeitigen Forschungsstand moderate, regelmäßige Trainingseinheiten, die sowohl die Muskulatur als auch die Ausdauer ansprechen. Starke, an die Belastungsgrenze oder darüber hinausgehende Belastungen, sollten aber in der Therapie vermieden werden, da sie den Körper schwächen können. Der Grund hierfür ist das sogenannte Open-Window-Phänomen. Es besagt, dass bei intensiver körperlicher Belastung die Anzahl der Lymphozyten, Killerzellen und Granulozyten im Blut zunächst steigt, um dann nach der Belastung abrupt unter das normale Niveau zu fallen. In diesem Zeitfenster ist der Organismus entsprechend besonders anfällig für Krankheitserreger und Infekte. Bei Patienten mit akuten Beschwerden oder Vorerkrankungen muss zudem die Bewegungstherapie an die individuellen Fähigkeiten und Voraussetzungen angepasst werden. Konkrete Anleitungen, wie selbstständig zu Hause im Alltag trainiert werden kann, sind unerlässlich, da nur so ein gutes Trainingsniveau erreicht werden kann. (6) (7) (7.1)

Durch richtige Regeneration und Psychohygiene die Immunabwehr stärken

Wie auch die Muskulatur ist unser Immunsystem auf Regeneration angewiesen. Während der Körper z. B. durch Muskelkater signalisiert, dass der überlastet wurde und Erholung benötigt, leidet das Immunsystem meist still. Deshalb ist es für die Patienten wichtig, sich die beiden Hauptfeinde in diesem Bereich klar zu machen: Negativer Stress und schlechter Schlaf. Beide Faktoren haben maßgeblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Immunsystems. Das gilt umso mehr, je länger die Belastungen anhalten. Wichtig dabei ist, sich von der Vorstellung zu verabschieden, Stress sei ein “rein psychisches Phänomen”. Bei lang anhaltenden Stressphasen laufen im Körper messbare biochemische Prozesse ab, die den gesamten Organismus und die Immunabwehr in Mitleidenschaft ziehen können. Zu wenig und schlechter Schlaf ist ebenfalls weit mehr als nur unangenehm, denn im Schlaf laufen zahlreiche Regenerations- und Reparaturprozesse ab. Für den Therapeuten bedeutet das: Dem Patienten muss klargemacht werden, dass sein Schlafverhalten und sein Umgang mit Stress maßgeblich zum Erfolg seiner Therapie beitragen. Das Erlernen von Yoga und Entspannungstechniken kann hier sehr hilfreich sein, da sowohl der Schlaf als auch das Stressmanagement damit verbessert werden. Bei Patienten, die darauf nicht ansprechen oder solche Techniken nicht erlernen wollen, kann auch die Gabe von natürlichen Schlafhilfen z. B. Melatonin angezeigt sein.
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Eine gute Nährstoffversorgung sichern und ein gesundes Mikrobiom fördern

Der dritte zentrale Aspekt bei der Unterstützung des Immunsystems ist die Ernährung und damit verbunden die Nährstoffversorgung. Zunächst ist das allgemeine Ernährungsverhalten in diesem Zusammenhang wichtig. Oft wird – ohne dass es dem Patienten klar ist – eine einseitige Ernährung praktiziert. Häufig ist z. B. ein Mangel an Proteinen oder bestimmten Vitaminen oder Mineralien zu beobachten. Dies kann durch eine bewusst eingehaltene Ernährungsform (z. B. vegane Ernährung) passieren, kommt aber auch relativ häufig vor, weil der Speiseplan zu einseitig ist. Wenn ein Patient zudem regelmäßig große Mengen Zucker, schlechte Fette und hochverarbeitete Lebensmittel zu sich nimmt, erhöht sich nicht nur sein Risiko, übergewichtig zu werden. Auch das Immunsystem leidet unter einer Ernährung, die gleichzeitig hochkalorisch und nährstoffarm ist. Viel besser ist es, sich möglichst abwechslungs- und vitaminreich zu ernähren. Wie das geht, ist allgemein bekannt: Möglichst viel Gemüse, Obst, Vollkorn und genügend Proteine. Das stärkt zudem den Aufbau eines gesunden Mikrobioms im Darm, welches ebenfalls ein zentraler Bestandteil des Immunsystems ist. Bei den Nährstoffen sollte man ebenfalls auf Ausgewogenheit und saisonale Aspekte (z. B. Vitamin D im Winter) achten und auch den probiotischen Aspekt berücksichtigen. Das Bewusstsein für die Bedeutung der Darmflora für die Immunabwehr ist noch immer nicht bei allen Patienten vorhanden. Auch hier sollte der Therapeut versuchen, die Zusammenhänge klar zu machen. Naturgemäß ist auch im Bereich der Ernährung die Bereitschaft der Patienten, ihr Verhalten zu ändern, sehr unterschiedlich ausgeprägt. Auch hier kann es ggf. angebracht sein, durch gezielte Nahrungsergänzungen Mangelversorgungen vorzubeugen. (10)

Fazit:

Eine gezielte und die Therapie begleitende Stärkung des Immunsystems sollte ein fester Bestandteil der physiotherapeutischen Arbeit sein. Ein starkes Immunsystem unterstützt nicht nur den Heilungsprozess, es trägt auch dazu bei, dass der Patient / die Patientin länger gesund und beschwerdefrei bleibt. Wichtig ist, die Maßnahmen so zu gestalten, dass sie für die Patienten gut umsetzbar sind. Eine Berücksichtigung der Aspekte Bewegung, Regeneration und Nährstoffversorgung kann erheblich dazu beitragen, Therapieverläufe zu beschleunigen und das allgemeine Gesundheitsniveau und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.