Gelenke und Knochen
Ist der Kollagen-Hype nur heiße Luft?
Wer sich auf die Suche nach Supplementen gegen Arthrose oder andere Gelenkbeschwerden macht, kommt um das Thema Kollagen nicht herum. Ähnliches gilt für den Bereich Anti-Aging und Hautpflege. Produkte mit Kollagen sind aus Drogerien und Kosmetikabteilungen entsprechend nicht mehr wegzudenken. Haut, Haare, Knochen und Gelenke sollen durch die Einnahme oder das Auftragen kollagenhaltiger Produkte schöner, fester und jünger werden. Wahrscheinlich fragst du dich auch: Was ist dran am Hype um das Kollagen?
Fakt ist: Kollagen ist für den Körper unverzichtbar. Ohne die Proteinverbindung würden wir buchstäblich auseinanderfallen, weil Kollagen feste und zugleich flexible Strukturen erzeugt, die Haut, Knochen, Knorpel, Sehnen und Bändern die benötigte Festigkeit und Dehnbarkeit verleihen. Wenn es um die Notwendigkeit von Kollagen für den Körper geht, liegen allerdings Mythos und Wahrheit weit auseinander. Die falsche Schlussfolgerung, die zudem auf Studien der Pharmaindustrie basiert, decken wir in diesem Text auf.
Der Denkfehler beim Thema Kollagen
Noch verstärkt wird der Hype durch Influencer, die – zu ihrem eigenen Nutzen – auf Youtube, Instagram und Co über ihre Erfolge mit Kollagen in der einen oder anderen Form berichten. Worum es sich beim Kollagen handelt, wird dabei allerdings gerne verschwiegen: es wird aus dem Bindegewebe von Tieren, in der Regel in Form von Schlachtabfällen wie Knochen, Haut und Knorpel gewonnen. Fakt ist also auch: Wer kollagenhaltige Produkte nutzt, bringt seinen Organismus zwangsläufig mit Schlachtabfällen in Kontakt. Kein schöner Gedanke? Das finden nicht nur Veganerinnen und Veganer, für die kollagenhaltige Produkte per se ein No-Go sind. Immer mehr Menschen möchten aus guten Gründen auf Kollagen in Kosmetik und Supplementen verzichten.
Aber geht das überhaupt? Schließlich – so hört man immer wieder – ist die Herstellung von pflanzlichem Kollagen nicht möglich. Der Denkfehler besteht darin, zu glauben, dass die Einnahme von Kollagen dazu führt, dass der Organismus dieses in die Haut und Gelenke direkt “einbaut”. Das funktioniert aber leider nicht. Die Kollagensynthese ist ein komplexer Prozess, bei dem eine Reihe unterschiedlicher interner und externer Faktoren beteiligt sind. Die Idee, einfach ein kollagenhaltiges Supplement einzuwerfen und damit dem Körper zu geben, was er braucht, greift deutlich zu kurz!
Was stimmt nicht mit den Studien zum Kollagen?
Wenn Hersteller kollagenhaltiger Produkte ihre Aussagen und Versprechen untermauern wollen, werden oft Studien herangezogen. In diesen werden dann die Erfolge einer Kollagenbehandlung “wissenschaftlich” untermauert. Das Problem dabei: Nahezu alle positiven Studien zur Wirkung von Kollagen auf das menschliche Gewebe (Haut, Gelenke, Haare etc.) wurden von den Pharmaunternehmen selbst in Auftrag gegeben.
Es liegt nun nahe, davon auszugehen, dass zumindest deren Studiendesign so angelegt worden ist, dass es entsprechende Resultate liefert. Diese Schieflage in der Forschung wurde bereits wissenschaftlich erfasst und untersucht, mit dem Ergebnis: Unabhängige, große und aussagekräftige Studien zur Wirkung von Kollagen gibt es gegenwärtig nicht! Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass Kollagen wirkungslos ist, es ist aber wichtig festzuhalten, dass die Studienlage keineswegs so klar ist, wie die Hersteller der Kollagenprodukte suggerieren wollen. (1)
Warum du kein tierisches Kollagen brauchst
Richtig ist: Die Proteinverbindung Kollagen kommt nur in tierischen Lebewesen und im menschlichen Körper vor. Falsch ist allerdings die Annahme, dass der Körper auf die Einnahme tierischen Kollagens angewiesen ist. Der Irrtum besteht darin, zu glauben, dass der Organismus, der zu einem großen Teil aus Kollagen besteht, genau diesen Stoff benötigt, um neues Gewebe aufzubauen. Das ist aber ungefähr so sinnvoll, wie zu glauben, der Verzehr von Schafshirn würde dich schlauer machen! Der Irrtum der Kollagen-Fans: Sie ignorieren, dass Kollagen, das über die Nahrung aufgenommen wird, auf jeden Fall im Magen und Darm in seine Aminosäuren zerlegt werden muss, damit der Körper es verwerten kann. Und dies ist der entscheidende Punkt: Die Aminosäuren und weitere Stoffe, die der Körper zur Kollagensynthese benötigt, kann er ausgezeichnet auch aus pflanzlichen Quellen gewinnen. (2)
So stimulierst du deine körpereigene Kollagensynthese
Dein Körper ist eine Kollagenfabrik, die ständig Nachschub an Ressourcen und ein gutes Arbeitsklima braucht. Die körpereigenen Kollagenfabriken heißen Fibroblasten. Die Zellen im Bindegewebe produzieren neues Kollagen, das dann vor Ort in das jeweils benötigte Kollagen umgebaut wird. Kollagen ist übrigens nicht immer Kollagen. Bis zu 28 unterschiedliche Kollagentypen wurden bislang analysiert. Was dein Körper nicht braucht: tierisches Kollagen.
Zu den essentiellen Ressourcen gehören Aminosäuren (vor allem L-Prolin), Hyaluronsäure, Vitamine (insbesondere Vitamin C), Mineralien und Spurenelemente. Idealerweise versuchst du, Entzündungsprozesse im Körper so weit wie möglich abzustellen. Ganz wichtig und durch kein Supplement ersetzbar: Bewegung, ausreichend Schlaf, der Schutz vor intensiver UV-Strahlung und Verzicht aufs Rauchen.
Für dich bedeutet das: Du kannst guten Gewissens auf Produkte, die Schlachtabfälle enthalten, verzichten. Gib deinem Körper, was er zur Herstellung von Kollagen und neuen Bindegewebsstrukturen braucht und sehr wichtig: Beweg dich und reduziere äußere Stressoren und Umweltgifte! Hier bist du selbst oder dein Therapeut gefragt. Treibe aktiv Sport oder versuche bei Beschwerden mit individuellen Trainings- und Bewegungsprogrammen schonend und zielgerichtet deine Gelenke zu mobilisieren. (3) (4)
Fazit:
Das Märchen, dass dein Körper tierisches Kollagen braucht, um fit, schön und gesund zu bleiben, ist wahrscheinlich einer der größten Coups der Kosmetikindustrie. Glücklicherweise schauen aber immer mehr Menschen hinter die Kulissen. Wir haben gesehen: Der aktuelle Kollagen-Hype beruht auf falschen Schlussfolgerungen und ist riskant. Es besteht die Gefahr, dass angenommen wird, alleine die Einnahme eines kollagenhaltigen Mittels sei ausreichend, um fit und gesund zu bleiben. Wenn du bislang der Industrie buchstäblich auf den Leim – auch der wird übrigens aus Knochen gewonnen – gegangen bist, ist jetzt die beste Gelegenheit, damit Schluss zu machen und in einen aktiven und gelenkgesunden Lebensstil zu starten.